Die Situation vor 1909

Schon 1522 wird von zwei Orgeln unbekannter Herkunft in der Kirche berichtet, die kleinere befand sich im Hochchor, die größere im Turm. 1805 baute Johann Gottlieb Trampely aus Sachsen auf einer bereits 1788 errichteten Orgelempore eine neue große Orgel. Sie hatte 43 Register (Klangfarben), verteilt auf drei Manuale (Tastenreihen für die Hände) und ein Pedal (Tastenreihe für die Füße).

Die spätromantische Walcker-Orgel von 1909

Erbaut 1908/09 durch die Firma E. F. Walcker & Cie., Ludwigsburg, zerstört 1943/44

1909 wurde die Orgelempore erheblich vergrößert und in das Prospektgehäuse der alten Orgel ein neues monumentales Werk der Orgelbaufirma Walcker & Cie aus Ludwigsburg eingefügt. 

Diese deutschlandweit hoch gerühmte Orgel mit ihren 107 Registern, verteilt auf fünf Manuale und Pedal (inklusive eines im Chor erklingenden Fernwerks), war ein gelungene Umsetzung der von Albert Schweitzer propagierten elsässischen Orgelreform. Sie verband die Klangwelt der deutschen Spätromantik mit den sinfonischen Klängen der frz. Cavaillé-Coll-Orgeln. 

Unter Gerard Bunk (Kantor an St. Reinoldi von 1925 bis 1958) wurde die Orgel 1939 noch um ein barockes Rückpositiv mit 6 Registern erweitert – die Orgelbewegung mit ihrer Rückbesinnung auf die alten Meister und die barocke Tonsprache zeigte Wirkung.

Am 24. März 1944 hielten Kirche und Orgel den Bombenangriffen auf Dortmund nicht mehr stand.

 

Disposition der Orgel von 1909 als PDF

Die neue Walcker-Orgel von 1958

Walcker & Co. 1957/58 • Alexander Schuke, Potsdam 1996

Nach dem Wiederaufbau der Kirche 1956 wurde in den Jahren 1957 und 1958 von der Orgelbaufirma Walcker aus Ludwigsburg eine neue Orgel erbaut und am 18. Mai 1958 durch Gerard Bunk eingeweiht. Als eine der größten Kirchenorgeln Westfalens besitzt sie 71 Register, verteilt auf fünf Teilwerke: das Rückpositiv, das Schwellwerk, das Hauptwerk, das Kronwerk (von unten nach oben gesehen) und das Pedal (die großen Pfeifen in den vier seitlichen Prospektfeldern).

Eine Sänger und Instrumentalisten fassende Orgelempore war hier nicht vorgesehen. Das Instrument wurde getragen von einer kleinen, umbauten und daher nicht sichtbaren Betonschale, die auf zwei Stützpfeilern aus Beton lagerte. Die elektrisch gesteuerte Spielanlage (Spieltisch) war fahrbar und stand mangels Empore nun unten im Kirchenschiff. 

Die Verbindung von der Taste im Spieltisch zu den Pfeifen in der Orgel funktionierte elektrisch. Der Spieltisch hatte viele Extratritte, sog. Spielhilfen. Mit Hilfe eines eingebauten Computers konnte man 264 Registrierungen speichern und während des Orgelspiels per Knopfdruck abrufen. Klanglich orientierte sich die Orgel an barocken Vorbildern. Jeglicher Bezug zum romantischen Vorgängerinstrument war – dem neuen sachlichen Zeitgeschmack der Nachkriegszeit entsprechend – bewusst vermieden worden. 

 

Disposition der Orgel von 1958 als PDF

Eine neue Orgel für St. Reinoldi

Unsere Orgel aus der Nachkriegszeit war ein Probleminstrument. Sie fiel oft aus und verursachte fortwährend Reparaturkosten. Drei Expertisen bescheinigten unabhängig voneinander: Weitere Sanierungen würden unrentabel sein. Kurz: Die Orgel war defekt und nicht zu retten. Insofern freuen wir uns nach jahrelanger Planung nun auf die Realisation eines modernen Instrumentes mit optimalem Raumklang.

Den Zuschlag für Bau der neuen Orgel erhielt die renommierte Werkstätte für Orgelbau Mühleisen (Leonberg) – in bewährter Kooperation mit dem Architekturbüro Bernhard Hirche (Hamburg): Im Sommer 2019 begannen die Baumaßnahmen rund um die innovative zweiteilige Orgelanlage, die den großen Kirchenraum von St. Reinoldi von zwei Standorten aus mit Klang erfüllen wird.

Neue Orgel St. Reinoldi

Immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe Orgelbau und Orgelmusik

Die Orgel – ein Instrument mit langer Geschichte: Vor über 2.000 Jahren in Ägypten erfunden, gelangten Orgeln über Byzanz nach Europa. Heute zählt Deutschland zu den wichtigsten Ländern für die Weiterentwicklung des Orgelbaus und der Orgelmusik. „Hochspezialisiertes Erfahrungswissen und besondere Fähigkeiten“, „traditionelles Handwerk mit innovativer Technik der jeweiligen Epoche“, befand die UNESCO im Dezember 2017 und zeichnete die deutsche Kunst des Orgelbaus und der Orgelmusik als immaterielles Kulturerbe der Menschheit aus.

 

weitere Informationen: www.unesco.de